Evidenz und praktische Empfehlungen
Zeitschrift: NeuroTransmitter, Ausgabe 10/2018
Autor: Prof. Dr. med. Wolfgang Freund
Der Einfluss von Vitamin D auf die Schubrate der Multiplen Sklerose und eventuell auf das psychische Befinden der Patienten beschäftigt uns in vielen Gesprächen. Natürliche Heilmittel und speziell Vitamine genießen ein hohes Ansehen, und der Wunsch nach nebenwirkungsfreier Hilfe ist verständlich. Auch im Kollegenkreis wird über fabelhafte Wirkungen hoher und ultrahoher Dosierungen von Vitamin D („Coimbra-Protokoll“) diskutiert. In letzter Zeit häufen sich Meldungen zum Sinn der Vitamin D Substitution.
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Zusammenfassung
Mangelerkrankungen sind für alle Vitamine beschrieben. Über das Abstellen der Mangelsymptome hinausgehende förderliche Effekte einer Vitaminsubstitution sind immer wieder erhofft, jedoch nie nachgewiesen worden.
Es besteht eine klare Korrelation von Vitamin-D-Spiegeln und der Krankheitsaktivität der MS. Allerdings ist unklar, ob nicht eher die Sonnenexposition die immunmodulatorische Hauptrolle spielt und der Vitamin-D-Spiegel nur eine Begleiterscheinung eben dieser Tatsache ist. Für die Sonnenlichthypothese sprechen die Daten zum Einfluss der Hautfarbe und der Sonnendosis und auch interessante Daten zu speziellem UVB-Licht, das kein Vitamin D erzeugt, aber immunmodulierend wirkt.
Es scheint die Vitamin-D-Substitution (1.000 – 4.000 IE pro Tag) bei MS sinnvoll, bei höheren Dosierungen ohne bestehenden Mangel könnte aber sogar ein negativer Effekt auftreten, wie er für die Gesamtsterblichkeit und für Pankreaskarzinome nachgewiesen ist.
Nachdem in Studien zur MS die Spiegelkontrolle von Vitamin D eher negative Ergebnisse bezüglich der Erkankungsschwere erbracht hat, wird pragmatisch die eigenständige Substitution mit OTC-Supplementen (Tagestherapiekosten unter 4 Cent) empfohlen. Eine Überdosierung ist erst ab 4.000 IE täglich zu befürchten, sodass Spiegelkontrollen entfallen können. Die Hochdosissubstitution (Coimbra-Protokoll) kann nicht empfohlen werden.
Quelle / zitiert aus:
Literatur
www.springermedizin.de/neurotransmitter
AUTOR: Prof. Dr. med. Wolfgang Freund
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